Abwarten und Aushalten sind keine Alternativen

Top Magazin im Interview mit der Diplom-Psychologin Gabriele Birnstein.
Foto: René Verkaart

Top Magazin: Warum sind Sie Psychologin geworden?

Die Ehe meiner Eltern war nicht besonders glücklich. Es ging uns materiell zwar sehr, sehr gut, aber ich spürte schon als Kind, dass da zwei Menschen aneinander verzweifeln. Ich konnte nie verstehen, warum sie es so lange miteinander ausgehalten haben! Meiner Neugier folgend bin ich erstmal Journalistin geworden, und nach fünf Jahren als Redakteurin im Ressort „Psychologie“ der Zeitschrift „Brigitte“ habe ich ein Psychologie-Studium in Aachen absolviert.

Sind Sie verheiratet?

Ja, ich lebe jetzt 20 Jahre mit meinem Traummann zusammen, die Hälfte davon als Ehepaar. Und seitdem traue ich mir auch zu, Paare zu beraten, allerdings nicht gemeinsam, sondern Mann und Frau getrennt im Einzelcoaching. Das ist Teil meines eigenen Beratungskonzeptes „Insider Consulting“.

Was unterscheidet Ihr Coaching von einer Therapie?

Ein Coaching ist meistens nicht so zeitaufwändig wie eine Psychotherapie. Es muss nicht beantragt und genehmigt werden, da die Krankenkassen die Kosten nicht erstatten. Coaching hilft psychisch gesunden Menschen, die in eine Krise geraten sind – so wie es den meisten von uns im Laufe unseres Lebens mindestens einmal passiert. Denken Sie an berufliche Schwierigkeiten, an eine Scheidung, an eine schlimme Erkrankung wie Krebs oder an den unvermeidlichen Tod der Eltern – an all die negativen Seiten, die zum Leben leider auch dazugehören. Einige Menschen stehen diese Krisen allein durch, andere brauchen Hilfe dabei.

Als Coach arbeiten Sie auch sehr erfolgreich in den Führungsetagen von Unternehmen. Worum geht es dort?

Topmanager stehen immer in der ersten Reihe ihrer Firma, dabei werden sie ausschließlich an ihrem wirtschaftlichen Erfolg gemessen. Persönliche Probleme, beruflich oder privat, sind unerwünschte Störfaktoren. Hier habe ich als externer Berater sowohl eine diskrete „Kummerkastenfunktion“, als auch die Rolle eines Mediators, wenn zum Beispiel Kommunikationsprobleme den Arbeitsalltag stören.

Und was sind die häufigsten Probleme in der Partnerschaft?

Entweder ist es die Sprachlosigkeit oder das Aneinander-Vorbei-Reden. Schweigen kann ebenso wie zu viel reden eine böse Waffe sein. Jeder glaubt sich im Recht und kämpft um seine Überzeugungen, als ginge es darum, einen Krieg zu gewinnen. Ausgangspunkt ist häufig die Tatsache, dass Mann und Frau irgendwann aufhören, einander weiter kennenlernen zu wollen. Zu Beginn erzählen sich Liebespaare oft stundenlang aus ihrem Leben und irgendwann hören sie komplett damit auf. Deshalb verlieren sich viele Paare im Alltag einfach aus den Augen und werden sich innerlich fremd.

Welche Ratschläge geben Sie Paaren für eine langjährige und vor allem glückliche Beziehung?

Den Kontakt zum anderen nie abreißen zu lassen. Rituale zu pflegen, zum Beispiel: Candle-Light-Dinner mindestens alle 14 Tage, nur zu zweit. Sich bewusst gegenseitig wahrnehmen und sich nicht als Selbstverständlichkeit betrachten. Mann und Frau sollten nicht nur ein Paar oder Ehepaar sein, sondern richtig gute Freunde. Das Zitat von Friedrich Nietzsche bringt es auf den Punkt.

Was machen Sie, wenn Sie nicht coachen?

Dann widme ich mich meinen Hobbys: Meinem Mann und meinem neuen Elektro-Moped, dem MEIJS Motorman.

Online Artikel lesen